Seite 1 des Originals Hamburg d 19 Juny 1852 

 
 Lieber Heine!
 Erläuterung zu: Ihr freundliches SchreibenIhr freundliches Schreiben v. 7 d habe ich empfangen und bezüglich der Bücher
25von Bernhardt mit Ihrem Bruder gesprochen. Es scheint mir, daß er mit dieser
 Commission sich nicht gerne befaßen will, was ich ihm nicht verdenken kann.
 Seine Abreise, meinte er, sey noch unbestimmt und wisse er nicht, ob er über
 Tyrol, Mailand oder welche Route er nach Paris nehmen werde. – Es liegt
 auf der Hand, daß er es nicht gerne übernimt: daher will ich einen andern
30Weg, als die Eisenbahn, die Sie nicht benutzen wollen, dafür wählen. Der
 Restaurant auf dem Dampfschiffe, »Havre« kam heute bei mir vor, etwas zu
 kaufen, was öfter geschieht. Dieser geht Morgen in See, nach Havre ab; ich
 bat ihn, er möge für Geld und gute Worte das für Sie bestimmte Paket mit
 nach Havre nehmen, und dort der Roulage oder Eisenbahn zur Beförderung
 
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 an Sie übergeben. Auf meine Frage: was ich ihm dafür schuldig sey – »was
 ich wollte« – so gab ich ihm 2 Mark 81 oder einen preuß. Thaler. Annehmen
 Erläuterung zu: die Sendung empfangen werdendarf ich  Seite 2 des Originals daß Sie im Lauf der Woche, zwischen den 23 und 27ten Juny die
 Erläuterung zu: Die einliegende ListeSendung empfangen werden. Die einliegende Liste besagt den Inhalt und ich
5Erläuterung zu: Grabbes 100 Tagedenke, daß Sie mit denselben sehr zufrieden sind; Grabbes 100 Tage ließ ich
 Erläuterung zu: Eckermanns Gespr###228;chen 3<sup>ternebst Eckermanns Gesprächen 3ter noch nachfordern, die, weil Sie sie nicht
 kennen, nothwendiger Weise in der ersten Linie rangieren. Zwei Mal habe ich
 Ihren Bruder gesehen. Gebeten habe ich ihn, an Ihnen nicht herum zu doc-
 toren, Sie ungestöhrt gehen zu lassen, Ihre Natur in ihrer Arbeit nicht durch
10 M e d i c a m e n t e  zu irritieren. Erlauben Sie, lieber Freund, Ihnen meine An-
 Erläuterung zu: Todt gesagt sindsicht über den Gang Ihrer Krankheit zu sagen. Wie oft Sie Todt gesagt sind,
 Erläuterung zu: Ihr Arzt schrieb mirdas wissen Sie, oder wißen es auch nicht durchweg. Ihr Arzt schrieb mir vor
 circa 4 Jahren: Ihr Ende sey da, ganz nahe; er bereitete mich auf die Kata-
 Erläuterung zu: Gathystrophe vor und bat, die Ihrigen darauf vorzubereiten. Gathy und andere
15Erläuterung zu: Sie Selbst, thaten dasselbeFreunde berichteten ähnlich und Sie Selbst, thaten dasselbe; aber ich hatte
 keinen Glauben daran; mein Gefühl sagte » N e i n « dazu, ich glaubte nicht
 daran
   Ihre gute Natur und Ihre geistige Kraft, hielten aus. Die Krankheit suchte
 sich ihr Bette, sie lagerte sich ab; Sie gewannen Ihre Heiterkeit von vormals
20wieder, und ietzt kehrt ebenfalls die Arbeitslust, und welche Lust zur Arbeit,
 wieder bei Ihnen ein! – Meine Gedanken muß ich gegen Sie weiter ausspre-
 chen. Sie sind ein Phänomen in Ihrer Art. Sie haben Sich mit der Krankheit
 abgefunden; Sie können ein alter und, wie ich hoffe, ein  v öll i g   g e s u n d e r 
 Mann werden!– – Ihr Zustand hat sich in den 4 bis 5 Jahren offenbar  g e - 
25 b e ßer t  und bei der ungestöhrten Genesung kräftigt sich Ihr körperliches
 Naturell. Ja, ich glaube, kämen Sie in die reine frische Luft, Ihr Körper würde
 sich ungleich mehr erholen. Die Stubenluft kann Ihnen  Seite 3 des Originals nur als Hemmschuh
 hinderlich seyn. Wirklich die ietzige günstige Jahreszeit, sollten Sie nicht unver-
 sucht oder ungenutzt lassen. Ein Luftbad, wenn man solange wie Sie, nur die
30Stubenluft genoßen hat, muß den Lungen und dem Körper ein wahres Labsal
 seyn. Nur keine Medicamente, darum bitte ich Sie, nehmen Sie zu Sich. Die
  N a t u r   a l l e i n  hat Ihnen die guten und besten Dienste geleistet, vertrauen Sie
  d i e s e r  Apotheke ferner, so wird Alles gut und wie ich hoffe, gut gehen! Und
 Ihrem Herrn Bruder werde ich so eindringlich als möglich es an das Herz
35legen, den Doctor, der kuriren will, nicht in Thätigkeit zusetzen.
 Erläuterung zu: Vehses Oestereich  Zu den Büchern fügte ich Vehses Oestereich, 10 Theile; wollen Sie das
 Buch zurückgeben, dann laßen Sie es s. Z. an Hr Klincksieck, libraire étranger
 rue de Lille N0 11, für mich abgeben, der Gebrauch davon machen kann.
 Erläuterung zu: Sallets Gedichte und Sallets AtheistenDann finden Sie Sallets Gedichte und Sallets Atheisten, die ich verlegt habe.
 
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 Erläuterung zu: 2 neue DeckelAuch 2 neue Deckel zu Ihren Büchern: aus Gosslar, zu der Harzreise und ein
 anderer, etwa zu den Neuen Gedichten in Miniatur. Hauenschild hat die Zeich-
 nungen dazu geliefert, die ich im voraus gravieren ließ, damit sie s. Z. zur
 Hand sind.
5Erläuterung zu: Vehse schrieb mir  Vehse schrieb mir Ende Mai von London, er sprach sich auf das Freund-
  lichste über Sie aus, völlig entzückt war er von Ihnen; und das will was sagen.
 Erläuterung zu: Sie schreibenVehse ist in vielen Dingen Sonderling. Sie schreiben so prächtig über seine
 preußischen Könige, daß ich wohl wünschte, diesen Erguß abdrucken zu
 laßen. Freilich würden die Policisten dadurch gegen das Unternehmen ins
10Gewehr gerufen werden – die bis ietzt noch schlummern und die Gefährlich-
 Erläuterung zu: Section bringt Hannover keit desselben nicht ahnen – Die 3te Section bringt Hannover, die hannö-
 versch-englische Dynastie, Braunschweig, Hessen Cassel, Homburg, Roten-
 Erläuterung zu: Herzog Carl von Braunschweigburg, Phillipsthal, Darmstadt etc  Seite 4 des Originals Ich zeigte auf den Herzog Carl von Braun-
 schweig, der in Opposition zu seiner Gattung durchweg in Opposition steht
15– von ihm wäre gutes Material zu erhalten –.
 Erläuterung zu: ein Werk zu schreiben  Sie haben die Absicht, über Ihre Pariser Erfahrungen und Erlebniße ein
 Werk zu schreiben. Ich vermuthe daher, daß Sie Ihre Artikel in der allg.
 Zeitung u sw. neu Aufputzen und à jour faßen werden, an denen der Um-
 schwung der Dinge Manches abgebröckelt haben wird, was nach Verlauf der
20Zeit ergänzt werden muß, um frisch und mundrecht zu werden. Mir ganz
 Recht, wenn es  I h n e n  Recht ist.
   Indeß, wenn ich auf  b a l d i g e  Erscheinung des 1ten Theiles hinweise, so
 dürfen Sie mir glauben, daß ich mit  v o l l e m  Grund darauf antrage. Jedes Ding
 bedarf seiner Zeit zum wachsen und gedeihen, um Blüthe und Frucht zu treiben.
25Das heißt, die  v o l l e  Publicität zu erlangen, die ein Werk bedarf; die niemals
 einem Buche zu Theil wird, das im  l e t z t e n  Drittel eines Jahres an den Markt
 kömmt. Viele Bücherliebhaber machen ihr Budget, ist das erzielt, kaufen sie
 nichts mehr, sie begnügen sich mit der  L e c t üre .  Ist dieser unbestreitbare
 Umstand richtig, dann wird niemand dagegen streiten: daß der Verleger
30Recht hat, wenn er mit einer Publikation  d r äng t ,  wie es bei mir geschieht,
 lediglich  d e r   S a c h e   w e g e n ,  die urbar gemacht werden soll.
   Die folgenden Theile, finden durch den oder die vorhergehenden Theile
 schon das gemachte Quartier, wenn der erste Gnade gefunden hat; bei der
 Fortsetzung hat das Drängen keine Noth.
35  Der Verhältniße gedenke ich, Ihnen darzulegen, daß es nicht liebhaberei,
 sondern dringende Nothsache ist, für die  r e c h t z e i t i g e  Ausgabe eines Buches
 Sorge zutragen und kein Schriftsteller ist erhaben genug, diese Rücksichten
 ganz bei Seiten setzen zu dürfen, ohne darunter zu leiden. Nicht zu gedenken,
 daß im späten Jahre nach wirklich fernen Ländern keine Novitäten mehr ver-
 
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 sendet werden können; Man nimt sie im November gar nicht mehr an, um
 die Bücher nicht bloß spazieren zu fahren, die zur Meße  Seite 5 des Originals remittiert werden
 müssen. Sie glauben nicht, welchen Abbruch das thut.
 Erläuterung zu: Die Vorrede  Die Vorrede zum Salon habe ich Ihnen zur Revision gesandt.
5Erläuterung zu: ###252;ber Kietz sagte  Was ich Ihnen über Kietz sagte, ist wahr; wie ich überhaupt nur Wahrheit
 zu berichten strebe. Sie werden  n i e  auf eine Unwahrheit bei mir gestoßen
 seyn; denn ich bin ein Feind jeder Lüge.
 Erläuterung zu: Hornemann  Hornemann, der Ihr Bild lithographiert hat, sagte mir: ob Sie mir wol ein
 Daguerrotyp von Sich geben könnten? Er sagt, daß ein Mann mit seiner
10Maschiene, die so transportabel ist, jeden Augenblick beim Sonnenschein
 damit wirken könnte. Hätten wir ein solches Lichtbild, dann höre jeder Zweifel
 über Aehnlichkeit von selbst auf. Denn die Natur arbeitet treu, was man ihr
 zu arbeiten aufgiebt, das leistet sie ohne Fehl.
   Sollten Sie Gelegenheit finden ein solches anfertigen zu lassen, so bitte ich
15Sie es mir zu besorgen.
   Sie herzlichst grüßend! Ihr
 
Julius Campe
   
  
Adresse
   Seite 6 des Originals Monsieur Dr H. Heine,
 50 rue d'Amsterdam
 Paris