Lieber Detmoldt! | ||
Wie kann ich mein langes Stillschweigen gegen Sie verantworten? Ihr letzter | ||
Brief traf mich in einem Zustand der äußersten Bedrängniß, ich hatte meine | ||
Noth nur den Kopf in die Höhe zu halten, und Winter und Frühling gingen | ||
dahin ohne daß ich einem einzgen meiner Freunde schreiben konnte. Wozu | ||
15 | Litaneyen, die nur betrüben konnten. Haben Sie mein Stillschweigen miß- | |
deutet, so schmerzt es mich. Da ich Ihre Addresse nicht genau mehr im Kopf | ||
so will ich Ihres letzten Schreibens nur so erwähnen, daß es nichts be- | ||
deutet wenn dieser Brief auch in fremde Hände geriethe. Ich sage Ihnen daher | ||
in der Kürze, daß das was Sie mir geschickt fast ganz meinen Beyfall hatte | ||
20 | und daß ich Ihre bescheidne Anfrage für überflüßig hielt; die Hauptfragen im | |
Leben muß man sich selbst beantworten – und beantwortet man sich wirk- | ||
lich selbst. Schicken Sie mir alles der Art was Sie haben, was sich unterdessen | ||
gewiß noch vermehrt hat, und aus dem Gebrauch den ich dann davon mache | ||
mögen Sie am besten erkennen in wie weit es mir mit meinem Beyfall Ernst ist. | ||
25 | Meine sicherste Addresse ist noch immer: Dr. H. H. bey Witwe Heine, | |
Geb. v. Geldern, Neuer Wall No 28, Lit. D. in Hamburg. – Was Sie mir | ||
schreiben oder schicken wollen, bitte ich bald zu schreiben oder zu schicken, | ||
denn in 14 Tagen verläßt ein neues Buch von mir die Presse, u ich ganz | ||
nicht ganz genau wissen ob ich alsdann nicht den Reisebündel schnüren muß. | ||
30 | Ich habe, in dieser bedenklichen Zeit, wo das Einschläferungsmittel von oben | |
herab angewannt werden soll, um später um so sicherer zu reagiren, habe ich | ||
es für meine Pflicht gehalten, das Unumwundenste auszusprechen. | ||
Leben Sie wohl und schreiben Sie bald | ||
Ihrem Freund | ||
35 | Hamburg d 30 Nov. H. Heine. | |
1830. | ||
Adresse | ||
Sr Wohlgeboren d Herrn | ||
Advokaten Joh. Herm. Detmold | ||
große Duvenstraße No 358. | ||
in | ||
Hannover. | ||
November 1830 — HSA Bd. 20, S. 425 | ||