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   reise nicht mehr zu den romantischen Wanderern gehörte, die sich nach der
   Heimat, nach dem Vaterhause sehnen. Zum Titel Wanderbuch, in der Art von
   Wilhelm Müller oder Eichendorff, paßten evident weder die Harzreise noch
   die bitteren Verse der Heimkehr. Weder biographisch, als eine Sammlung der
5  nach der Zeit der Rückkehr zur Familie nach Lüneburg entstandenen Ge-
   dichte, noch thematisch, als eine Gruppierung um das Motiv des Rückwan-
   derns, der Wiederkehr in hergebrachte Umwelt, läßt sich der Titel Heimkehr
   erklären und deuten, sondern aus dem Zusammenhang des ersten Reise-
   bilderbandes, als Gegenstück zur Harzreise, als Element eines geplanten,
10  melancholisch geträumten, dann aber fallengelassenen Wanderbuchs. Die
   Verbindung der Motive Heimkehr und Anziehungsmagie des geliebten Ge-
   sichts, Verlockung in die durch Liebespassion geheiligte und gebrochene Welt
   ist unverkennbar. Die immer wieder verwünschte Stadt Hamburg ist Ziel und
   Ende dieser Rückkehr; nicht der Hort der Sicherheit, sondern die Stätte der
15  größten Gefährdung: hier kehrte Heine zu seinem eigentlichen Element zu-
   rück.
  __In der Dichtung der Zeit fanden sich schon ähnliche Stimmen und ver-
   wandte Orchestrierungen des althergebrachten Themas der Heimkehr. Lud-
   wig Uhland, der ja als ein viel naiverer Wanderer als Heinrich Heine gilt,
20  empfand schon die Unsicherheit des Reisens und der Rückkehr, die ja ganz
   und gar an eine einzige halberträumte Gestalt gebunden ist:
  O brich nicht, Steg, du zitterst sehr!
   O stürz' nicht, Fels, du dräuest schwer!
   Welt, geh nicht unter, Himmel, fall nicht ein,
25  Eh' ich mag bei der Liebsten sein.
  Dieser Heimkehr betitelte Vierzeiler Ludwig Uhlands erschien im Sammel-
   band Deutscher Dichterwald 1813 (S. 34). Im selben Dichterwald findet
   man ein zweites Heimkehrgedicht, aus der Feder von Florens, in welchem
   Themen und Bilder der Heineschen Heimkehr schon durchscheinen:
30 Sinds die Häuser? Sinds die Gassen?
  Ach, ich weiß nicht, wo ich bin,
  Hab' ein Liebchen hier gelassen,
  Und manch Jahr ging seitdem hin
  <...>
35 Aus den Fenstern schöne Frauen
  Sehn mir freundlich ins Gesicht
  <...>
  Keiner weiß, wie unsre Herzen
  Wild von Schmerz zerrissen sind (S. 69).
40 Der Titel Heimkehr versteht sich sowohl im Rahmen des geplanten Wander-
   buchs als auch allgemein gesehen im Zusammenhang mit der Lyrik der Zeit,
   indem sich Heinrich Heine zu Wilhelm Müller als zu seinem Vorbild für die
   Dichtung im Volkston bekannte. Zu einem persönlich gewidmeten Exem-
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