Soeben habe ich Herrn Richter (Firma Treuttel & Würtz) gesehen, der kaum | ||
angekommen sogleich wieder weiter reisen will und sich bereit erklärt, diese | ||
Zeilen an Sie, mein lieber Heine! mitnehmen zu wollen. Diese Gefälligkeit | ||
nehme ich an, um Ihnen ein weiteres über unsere Angelegenheiten mit zu | ||
15 | theilen, was mir längst schon zu thun Pflicht war; ich wollte Ihnen kein un- | |
nützes Porto verursachen, deswegen unterblieb es. | ||
Das Buch der Lieder wird gedruckt und ist im vollem Gange; haben Sie | ||
Zusätze irgend einer Art, so bitte ich dringend darum, denn in 8 Wochen geht | ||
es in die Welt. Der 2te Band ist nirgend – wie ich es gleich ahndete – verboten. | ||
20 | Wie lieberal! – Der erste Theil ist sehr stark remittirt, so daß ich noch circa | |
650 Exp. davon besitze; an eine neue Auflage ist vor der Hand noch nicht zu | ||
denken; daß niemand schmerzlicher seyn kann wie mir, denn ich hätte Ihnen | ||
so gerne diese Freude bereitet! | ||
Der 2te Band findet Gnade, doch nicht so wie er es verdient und ich es ge- | ||
25 | wünscht habe; die Berliner haben sich darüber ausgesprochen. Willibald Alexis | |
sagte in seinen Conversationsblatte (Medio May) das Beste; obgleich es nur | ||
kurz war, ohngefähr folgendes: »Eine der Merkwürdigsten Erscheinungen | ||
die je eine Leipziger Meße gebracht, sey dieser 2te Theil; der Recensent | ||
schwatze sich daran fest, wie er es wagte darauf einzugehen; – er müße beide | ||
30 | Rockschöße aufheben und auf den Schuhspitzen gehen um in diesen Irrgängen | |
des Witzes nicht anzustoßen pp Immermann hätte es wahrlich nicht mehr nöthig | ||
gehabt dieses (ich weiß nicht welches Ausdruckes er sich da bediente) scharfe | ||
Buch mit seinen Xenien über lit. Misere zu (beschenken). Er geht weiter über | ||
Juli 1827 — HSA Bd. 24, S. 31 | ||
die Xenien, Schwärmer und die Schillerschen ein und sagt endlich: den Schluß | ||
machten Briefe über Berlin und das ginge, wie die Berliner sich ausdrückten, | ||
über den Spaas. | ||
Sie Erinnern Sich wie der 1te Band in der Iris mitgenommen war? Dagegen | ||
5 | habe ich ein Pülverchen verordnet. Vom Jannuar d. J. erscheint siebei | |
meinem Freunde Brönner in Frankfurt, darin soll, wie ich gestern Abend | ||
im Correspondenten hörte, eine sehr freundliche Beurtheilung seyn; noch sah | ||
ich sie nicht, ich bekomme Sie aber heute noch, sollte sie mir Zeitig genug be- | ||
händigt werden, folgt sie ietzt mit Zimmermanns Blättern bis zu Nummero 20. | ||
10 | Merckel ist nicht hier. Briefe habe ich auch nicht für Sie; daher folgt von | |
diesen nichts; auch von Ihrem Bruder nicht, da ich nur eine Stunde zum | ||
schreiben dieses Briefes Zeit habe. Merckel ist nach Lüneburg gegangen. Der | ||
Sohn seiner dortigen Schwester ist gestorben und gleich nach der Beerdigung | ||
ist das kleine Mädchen von der Merckel so gern sprach erkrankt und lebens- | ||
15 | gefährlich, so daß er als Tröster dorthin beschieden ward. Seit 3 Tagen ist er | |
weg ob der kleine Engel lebt oder Todt ist weiß ich nicht. | ||
Von Ihnen habe ich keine Zeile erhalten, wie soll ich das verstehen? Immer- | ||
manns Trauerspiel befindet sich in der Druckerei, das Mspt bekam ich in | ||
Leipzig, wo ich nicht zum Lesen gestimmt war und auch keine Zeit dazu | ||
20 | hatte; genug unangesehen wanderte es zur Preße, daher kann ich Ihnen mein | |
Urtheil nicht darüber geben. | ||
In der Neuen hiesigen Zeitung in Mercur etc ist Ihr Aufenthalt in England | ||
gemeldet. Hartman versprach mir im Correspondenten etwas zu sagen. Bei | ||
meiner Heimkehr mahnte ich ihn; er will gerne irgend eine kl Nachricht haben | ||
25 | dann soll es folgen; das zu Ihrer Notiz. | |
Nun lieber Heine! ist meine Zeit dahin und nie war ich zum Schreiben un- | ||
fähiger wie eben ietzt, daher werden Sie das holprige übersehen und mit | ||
meiner Gesinnung gegen Sie zufrieden seyn. Denken Sie übrigens an den | ||
3ten Theil und daran: daß er zu M i c h a e l i s a u s g e g e b e n werden soll. – Ich | ||
30 | wiederhole die Bitte dringendst, sie liegt mir sehr am Herzen! | |
Stets der Ihrige | ||
Julius Campe | ||
Adresse | ||
Herrn Dr. H. Heine | ||
Wohlgeboren | ||