Hbg 21/8 1841. 

 
 Lieber Heine!
   
 Das Stück spielt sehr glücklich für Sie: – immer so weiter!
 Erläuterung zu: in Ihrem Schreiben  Was Sie mir in Ihrem Schreiben vom Napoleons Tage (15/8) melden, be-
 Erläuterung zu: Leipziger Zeitungrichtete bereits die Leipziger Zeitung, die gleichzeitig hier ein traf. Dieser Arti-
35kel ist wüst geschrieben –; er geht in die heutige Zeitung –, ich machte
 
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 Runckel aufmerksam darauf, und bat ihn genießbarer zu behandeln. Dazu
 Erläuterung zu: Sichels Briefwird Sichels Brief noch gefügt.
   Allein, lieber Heine, verkennen Sie ja nicht, wie die Stimmung in Deutsch-
 land ist; vielen Leuten ist es leid, daß nicht alles wahr ist – man gönnte Ihnen
5diese Lection und sagt: hat er das nicht bekommen, hat er es doch verdient.
 Andere flüchten sich hinter ein Sprichwort »Wo Rauch ist –, ist auch Feuer!
 – Sie kennen die Deutschen, man streitet für und gegen; – der sagt Kolloff
 und Schuster haben es nicht gesehen, man nahm die Leute wahrscheinlich in
 Anspruch, weil sie mehr der Welt bekannt sind. Hamberger aber wird es wol
10mit angesehen haben, er ist Commis, ein Frankfurter der wahrscheinlich mit
 Strauß gegangen ist. Strauß kann nichts jurist. beweisen, so steht die Parthie
 für Heine auf einen günstigen Gebiete Dadurch, daß Sie ernste Schritte thaten,
 Erläuterung zu: jenes Zeugni###223;ist man begütigt. Der sonderbaren Form wegen, wie jenes Zeugniß abgefaßt
 war, erklärte ich von Anfang an, das Ding für ein Machwerk. Riessers Freund
15– Dr Cohn – trat damit seiner Zeit etwas höhnisch zu mir, gegen den ich Sie
 straf stets vertheidigt hatte und fragte: »was sagen Sie nun«? – daß man in
 Paris für ein Beefstaek und eine Flasche Wein sehr viel bezeugt erhalten kann!
 war meine Antwort. Gestern war er bei mir, als Sichels Brief ankam – ich er-
 innerte ihn daran.
20Erläuterung zu: Westphal  Ein Dr Westphal, der mit ihm von Helgoland gekommen war, und der mit
 Erläuterung zu: Sich nicht gemacht habenIhnen gleich zeitig studiert haben will, hat ihm aus jener Zeit von Ihren »Sich
 nicht gemacht haben« erzählt – und so gerügt, daß Sie in die Literatur point
 d'honneur einführen wollten. Sehen Sie solche Dinge werden in jeder Gesell-
 schaft, jeden Caffehause u sw verhandelt.
25  Ich halte es für meine Pflicht Ihnen das alles so zu berichten, damit Sie die
 Verstimmung kennen lernen und darnach Ihre fernern Dispositionen treffen,
 ja alle Vorsicht gebrauchen in Ihrem Thun, damit nicht irgend eine Fuge ein
 Winkelchen bleibe, in das die Malcontanten sich flüchten und von da aus
 weiter versteckt raisoniren. Ietzt sind Sie bei der Wäsche –: waschen Sie Sich
30ordentlich! Schreiben können Sie, das weiß jeder, aber handeln, entschloßen
 handeln daß bezweifelt man so gerne! – Schaffen Sie Sich Ruhe – stopfen
 Sie den Leuten die Mäuler, das können Sie  i e t z t  so leicht und billig haben,
 wie es den Anschein hat.
 Erläuterung zu: die Briefe B###246;rnes  Wie kann Strauß sich als Beleidigten hinstellen wollen! Hat er nicht die Briefe
35Erläuterung zu: fr###252;hern Journalistischen DingeBörnes gegen Sie drucken laßen sind die frühern Journalistischen Dinge von
 ihm nicht veranlaßt? Nun die Ohrfeigen Lüge – ist das keine  I h n e n  zu ge-
 Erläuterung zu: Ihre Secundantenfügte Beleidigung! Ich dachte Ihre Secundanten könnten ihn das leicht be-
 greiflich machen und dafür giebt es nur Pistolen.
   Wenn Sie diese Dinge literairisch behandeln, dann hüten Sie Sich vor aller
 
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 Renomage, die würde einen schlechten Eindruck machen; die Nackten That-
 sachen in einfach würdigem Styl gehalten thun allgemeine Wirkung und werden
 Sie richtiger zu dem gewünschten Ziele führen, als schlügen Sie den Ton an,
 Erläuterung zu: gegen Menzel gethanwie Sie es gegen Menzel gethan was man bei dieser Gelegenheit sehr oft
5gegen Sie Selbst gekehrt hat.
   Wir beide dürfen über alles sprechen, was uns gegenseitig angeht, etwa wie
 Frau und Mann; die innigsten Intereßen verbinden uns und da darf ich Ihnen
 nichts verschweigen, namentlich in einer Zeit wie die ietzige ist, wo so viel
 auf dem Spiele steht. Habe ich doch 100 Mal gehört »von Heine kann man kein
10Erläuterung zu: fertigBuch mehr in die Hand nehmen« –. »Mit Heine bin ich für alle Zeit fertig«!
   Diese und ähnliche Entschlüße haben, Gott sey Dank, ietzt schon einen
 Stoß bekommen und so steht es ietzt in Ihrer Macht, jeden Schatten zu tilgen
 und zwar wird das am besten, nach meiner Ansicht durch Ihre Secundanten ge-
 schehen können: also trachten Sie dahin, daß von dieser Seite ein Aktenstück
15erfolgt, das in Optima Forma jeden Anspruch genügt. Sagen Sie den Leuten,
 daß Ihre Sache keine gewöhnliche sey, sondern daß die gesammten deutschen
 Völker auf den Ausgang dieser ungeheuren gegen Sie geübten Büberey die
 Augen richteten – in Eigener Sache könnten Sie nicht wohl als Ihr Advocat
 auftreten. Sie bedürften der umsichtigsten Vorsicht um jeden Zweifel zu be-
20seitigen den der geweckte und gereizte Parthei Geist erfinden könnte – um
 vor Ihrem Volke gereinigt zu erscheinen! Die Herren werden das einsehen und
 in diesem Sinne ihre Anlage machen und consequent verfolgen. Geschieht das
 mit Scharfsinn und Gewandheit, dann, lieber Heine, ist alles in der Reihe, und
 ein Hundsvott ist der, der dann noch das Maul aufzuthun wagt.
25  Geschieht das nicht, bleiben Sie der Spielbal für die Canaille, so sich ärgert
 und Sie beneidet, das Sie mehr Genie wie sie besitzen, – Neid –, purer Neid
 ist die Mutter die das geboren hat.
   Ich bin gestöhrt und muß abbrechen. Sende den Artikel aus dem heutigen
 Correspondenten.
30Erläuterung zu: Entschlu###223;  Wegen dem Buch der Lieder bitte ich um einen  r a s c h e n   b a l d i g e n  Ent-
  schluß. Das Buch fehlt bereits zu lange: ich kann das nicht verantworten!
   
 
Sie herzlichst grüßend
 
Ihr
 
Julius Campe
   
  
Adresse
  Monsieur Dr H. Heine
 Rue Bleue N. 25
 a
 Paris
 
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