Werthester Herr Bacher! | ||
5 | Ich bitte Sie mir wissen zu lassen, wann Sie nach Wien zurückgehen, damit | |
ich Ihnen ein Paketchen für dort mitgebe. Ich habe vorige Woche an meinen | ||
Bruder geschrieben u. ihm meine Ansicht über Ihr Project auseinander- | ||
gesetzt. Ich habe da ganz deutlich eingesehen, daß mich mein erstes instinc- | ||
tives Gefühl über dieses Project nicht getäuscht hat: es ist u. bleibt eine ver- | ||
10 | steckte Bettelei, u. wenn es auch wahrscheinlich ist, daß ich auf Subscrip- | |
tionswege zu einer bedeutenden Summe u. zur Endschaft großer Nöthen | ||
gelange, so kann ich mich doch nicht dazu entschließen, u. wir wollen daher | ||
nicht mehr daran denken. Betteln ja, aber mit einer geladenen Kanone in | ||
jedem Rockschoß, das würde mich schon minder häkelig finden. Schlagen Sie | ||
15 | mir lieber etwas vor, was auf Straßenraub oder Mordbrand hinausliefe, aber | |
keine Subscriptionsliste. – Ich hoffe daß Sie an Meyerbeer mitgetheilt haben, | ||
wie die Sachen jetzt für ihn bei mir stehen, u. daß er sich beileibe nicht an- | ||
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ausbeuten möchten. Auch an Gouin habe ich dieses gesagt; doch da Gouin | ||
20 | sich so freundlich betrug u. mich zum zweiten Mal besuchte, nachdem ich | |
ihn das erste Mal nicht annehmen konnte, wollte ich ihn nicht durch den | ||
bestimmten Ausspruch kränken, daß wohl meine Stimmung sich abgekühlt, | ||
aber meine wirkliche Meinung über Meyerbeer sich durchaus nicht geändert | ||
habe. Er ist ein Egoist, der vielleicht alle seine Gefühle in seine Opern ge- | ||
25 | steckt hat, aber als Mensch jetzt nichts weniger als ein Maestro ist. Sie werden | |
selber einst zu dieser Ansicht kommen durch Zeit und Noth, u. Sie werden | ||
einsehen, wie abgeschmackt die Hypocrisie war, als Meyerbeer Ihnen sagte, | ||
daß er ja jedem Künstler u. Schriftsteller so gerne von seinem Reichthume | ||
mittheile, während doch dieser Mann nie etwas gab, was man ihm nicht viel- | ||
30 | mehr genommen hätte. Ich darf unumwunden von seiner Filzigkeit sprechen, | |
ich kann es ohne Scheu thun, da | ||
nicht den vierten Theil ersetzte er mir bei dem Verluste, der mir durch seine | ||
Wortbrüchigkeit entstand, u. wobei ich mehr Zeit, Arbeit u. gute Laune | ||
einbüßte, als ich gegen mich selber vertreten kann. Noch zu dieser Stunde | ||
35 | leide ich durch Verlegenheiten, worin mich Meyerbeersche Versprechungen, | |
die er nicht gehalten hat, vor geraumer Zeit versetzt haben. Doch meine | ||
eigentlichen Beklagnisse sind nicht pecuniärer Art, moralische Ver- | ||
Februar 1851 — HSA Bd. 23, S. 86 | ||
letzungen haben stattgefunden, die schwerer heilten. Jetzt bin ich Gottlob | ||
in dem Gemüthszustande, wo man mir keine Verblendung durch Leiden- | ||
schaft vorwerfen kann. Deshalb genug über dieses Thema. | ||
Ich verharre mit Hochachtung u. Ergebenheit | ||
5 | Ihr wohl affekzionirter | |